Eine Art Tagebuch

Einst fielen mir drei Frauen zu und der Glaube sie sprechen, leben, leiden, vielleicht sogar lachen und lieben lassen zu können. Ich mochte jede von ihnen. Jede auf ihre Art. Sie hatten es nicht leicht. Sie hatten mich. Ich schrieb.
Aber ich schrieb nicht wie die Duras, vor ihrer rückhaltlosen Aufrichtigkeit fürchtete ich mich schon beim Lesen. Ich schrieb weiter, aber ich schrieb nicht wie die Didion. Mir fehlte der Intellekt für politische und strategische Zusammenhänge. Mir fehlte der Blick über den Tellerrand. Ich wartete auf diese Szene am Strand, wo Inez Viktor (geborene Christian) auf Jack Lovett wartet. Und wenn ich nicht gestorben bin, dann warte ich noch heute.

29 Gedanken zu “Eine Art Tagebuch

  1. Ohhhh, ist das mal wieder gut !!!!! Ein wunderbarer Einstieg in den Tag und …..wir Frauen sollten aufhören zu warten, wir sind gut genug. Aber genug, wunderbar fein geschrieben….

  2. ich schliesse mich hanna an. wozu warten? du bist so, mit dem, wie du bist, denkst, fühlst und schreibst, reich. reich genug zum über diese drei frauen zu schreiben. nicht vergleichen. du bist unvergleichlich.

    das wort reich klingt so unbeholfen. ich meine einfach: du hast alles: wundervolle werkzeuge, ideen und das können. und die kunstfertigkeit, das alles zu verweben …

    1. Ich glaube Warten ist ungemein wichtig. Gerade für mich, die ich tendenziell unerträglich ungeduldig bin. Aber mit dem Warten ist es wie mit nahezu allen anderen Dingen auch, man muss das richtige Verhältnis finden. Zu schnell handeln ist ebenso wenig gut, wie zu lange zu warten.

      1. Die Griechen hatten dafür eine eigene Zeitform: den Kairos, den richtigen Moment. Gänzlich ungriechisch wäre es allerdings, darauf zu warten. Allerdings während des Wartens, z.B. an der Supermarktkasse oder im Bushäuschen, mit dem losgelassenen Verstand ist das Finden des Unerwarteten wunderbar.

  3. Wunderbar. Ist das Warten nicht auch eine Kunst: die, den richtigen Augenblick zu erwischen, um nicht in der hinteren Ecken des Lebensregals zu verstauben?
    Schöne Grüsse vom Schwarzen Berg

    1. Danke. Das ist schön und ich weiß es zu schätzen. Aber ich wollte auch tatsächlich keine Vergleiche in dem Sinne anstellen, dass ich nicht genüge, nur vielleicht ein wenig meine Vorbilder offenbaren.

  4. Liebe Mützenfalterin, ich muß mich verdeutlichen :
    Nicht einreihen möchte ich mich in betuliche Aufmunterungen. Verzeiht mir, liebe Mitschreiber/innen, aber diese Mützenfalterin braucht das nicht, kein aufmunterndes Schulterklopfen kein Erinnern, wie reich sie ist.
    Privat kenne ich sie nicht, auch wenn in ihren Texten manchmal ein persönliches Ringen durchschimmert. Ich nehme sie als Schreiberin ernst, weil sie etwas zu sagen hat und weil ich gut finde, wie sie es sagt. Manchmal scheint sie
    sich hinter einer Tiefstapelei zu verstecken, warum, dass kann nur sie selbst beantworten.
    Der vordergründige Bezug auf ein persönliches ICh scheint mir in diesem Fall fatal. Dieser Text beweißt doch, dass die Autorin sich intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat und durchaus in der Lage ist, das ganze von einer Metaebene zu betrachten.
    Das Verständnis eines Textes will nicht in den persönlichen Erfahrungsköpfen der einzelnen Leser enden. Das wunderbare daran ist, es hat keine Genzen, keine ausgetretenen Pfade. Es ist offen, nicht kontrollierbar und frei.
    Der Autorin hier werden Kommentare übergestülpt, die aus dem Erfahrunsschatz der Leser geboren sind aber nicht zwingend etwas mit ihr zu tun haben müssen.
    LG von einer immer lernenden und von euch bereicherten
    Hanna

    1. Vielen Dank Hanna, mit diesem Kommentar sprichst du vieles an, dass mich auch schon oft genug umgetrieben hat. Eine Zeitlang habe ich die Kommentarfunktion geschlossen, weil ich diese ewigen Aufmunterungen nicht wollte. Wobei ich nicht die Menschen meine, die dieses Mal versucht haben, mir Mut zuzusprechen, denn das sind Frauen, die meinen Weg schon recht lange (und treu) begleiten, und es ehrlich meinen.
      Der andere Punkt, dass in jeglichem Text, in dem ein Ich vorkommt, dieses sogleich biografisch verortet wird, hat mich eine Zeitlang so eingeschränkt, dass ich nur noch personal geschrieben habe. Ich finde es nicht schlimm, dass etwas sichtbar wird von mir als Schreibender in den Texten, aber dass sie auf einen Tagebucheintrag beschränkt werden und so gelesen, als würde ich eins zu eins von meiner Realität berichten, das irritiert mich noch heute. „Das Verständnis eines Textes will nicht in den persönlichen Erfahrungsköpfen der einzelnen Leser enden“ hast du geschrieben. Doch, ich glaube genau das soll es, der Text soll sich in jedem einzelnen, der ihn liest, auf seine Art entfalten, das ist doch, was Literatur ausmacht, diese Offenheit, sie zu lesen, die Möglichkeit, dass jede Leseart einen neuen Text produziert.
      Am meisten aber danke ich Dir für den Hinweis auf die „Tiefstapellei“, hinter der Du mich versteckt siehst, darüber denke ich nach, seit ich es gelesen habe. Gerade weil es ja etwas anderes ist, als Bescheidenheit, oder eine Art Zurücktreten hinter dem Geschriebenen. Wer tief stapelt, ist bedürftig und nimmt sich zu wichtig. Gerade das will ich nicht. Aber gerade das geschieht, um so wichtiger, darauf hingewiesen zu werden.

      1. Schön dass du den Unterschied zwischen der persönlichen Aussage und dem literarischen „ich“ deutlich machst. Aber, ist
        „Tiefstapeln“, das Zurücktreten hinter die Aussag eines fiktionalen Ich, nicht auch ein rhetorischer Kniff, ein Verstecken hinter Konventionen, „fisching for compiments“ oder schlicht hanseatisches understatement, auch wenn das Portfeulle bis zum Platzen gefüllt ist? Und ist es nicht Zeit aus der Deckung zu gehen, oder nicht wenigstens durch die gespreizten Finger zu schauen?
        Dies ist übrigens keine rhetorische Frage.

      2. Ja, durch die gespreitzten Finger laßt uns schauen, ermöglicht es doch interessante Paradigmenwechsel. Wie sehen wir, wie werden wir gesehen?
        Ein Kinderspiel : Seh‘ ich dich, siehst du mich nicht, sehe ich mich nicht, siehst du mich nicht, siehst du mich, sehe ich dich, bist du nah, sehen wir fern…….
        Björg, ein rethorischer Eingriff, ja, aber manchmal hilfreich, wenn mein Text „benutzt“ wird, um mir ungebeten etwas überzustülpen. Die Betonung liegt auf ungebeten. Das ist natürlich „mein Ding“ und wenn ich es genauer betrachte, habe ich dann der Mützenfalterin auch etwas unterstellt….. ach, ist das schwierig und doch so wunderbar. Es wirbelt Maßeinheiten durcheinander und schafft Raum für „Fraktale“.
        Ich freue mich, dieser kleine, feine Text von Dir, liebe Mützenfalterin, hat es wahrlich in sich…..
        Heute ist ein schöner Tag..

      3. Weißt Du Hanna, ich habe im Laufe meines schreibenden Lebens gelernt, die Texte loszulassen, d.h. ich lerne es noch immer. Und für mich bedeutet das eben auch, dass ich es aushalte, dass der Leser etwas hereinliest in den Text, und es nicht beim Text und bei sich lässt, sondern mich damit identifiziert, mich darin zu erkennen glaubt (obwohl es eigentlich ein Spiegel ist, indem er sein eigenes Gesicht wahrnimmt) und mir dann zu helfen versucht. Wenn ich mal wieder eine Phase habe, in der ich das gar nicht möchte, schliesse ich die Kommentarfunktion. In anderen Fällen entstehen manchmal interessante Diskussionen daraus und gar nicht so selten, erkenne ich mich im Spiegel der Kommentare. Das bringt zwar die Texte nicht weiter und womöglich nicht einmal das Schreiben an sich, aber erhellend kann es dennoch sein.

  5. Jemand, der nicht schreibt oder malt oder sonstwie kreativ ist, denkt oft: das ist leicht, das könnte ich auch, sieht aber nicht, dass man erst einen Anfang braucht, dann mit den Umständen, der Umgebung nur schwer zurecht kommt und dann auch noch zu einem Schlusspunkt und zum Loslassen kommen soll, der manchmal in weite Ferne rückt. Und das soll einfach zu machen sein?

    1. Besonders das Loslassen!
      Aber ich weiß nicht, Blinky, vielleicht ist es tatsächlich eigentlich ganz einfach, und nur wir machen es uns immer wieder schwer, indem wir unsere Erwartungen vor uns herschleppen, unser kleines Ego nicht loslassen können…

      1. Da hast Du auch wieder recht. Ich selbst denke in letzter Zeit: lass Dich doch nicht von Erwartungen gängeln- lass das Bild, auch wenn dir die Bildsprache im Moment noch wenig sagt. Zu laute Bilder in der häuslichen Umgebung sind auch nicht angenehm.

  6. Vorbilder gehen ein Stück des Weges voran, dann schert man aus und lässt sie links liegen. Irgendwann dreht man sich vielleicht um und denkt, huch, da folgt mir ja jemand… Für mich ist das entscheidende die Bewegung, das Gehen. So ist der Mensch, glaube ich, angelegt.

      1. Wenn das Warten zu lange dauert, schlägt es um in Lähmung. Im (allzu langen) Warten lauert eine Falle: man wird passiv und überlässt die Regler seines Lebens anderen. Da würde ich lieber ein Stückchen weitergehen und zu einem späteren Zeitpunkt nochmal rasten 🙂

      1. Sie meinen die Vorbilder, die später links liegen gelassen werden? Na ja, Schwachsinn würde ich es nicht nennen. Aber ich kann für mich behaupten, dass es Vorbilder gibt, die einmal sehr groß und wichtig waren und dann im weiteren Lebensweg an Bedeutung verlieren und solche, die vermutlich bis zum Ende ihre Größe und persönliche Bedeutung beibehalten werden.

  7. Man könnte auch ein tiefgestapeltes, klein geglaubtes Ego durch Schreiben wachsen lassen, so „kleine“ lassen sich noch schön führen und bändigen…um es fürderhin loslassen zu WOLLEN…

    1. Björg, das Tiefstapeln ist ganz eindeutig Fishing for compliments, dabei erwische ich mich immer wieder, obwohl ich das gar nicht mag. Aber es zeigt eben auch eine tiefe (wirklich vorhandene) Unsicherheit, aber mehr noch (und das ist der Punkt, an dem ich bei mir ansetzen möchte) ein sich selbst zu wichtig nehmen. Beim Schreiben sollte es nur um den Text gehen, um die Sprache, die Komposition, meinetwegen noch um den Inhalt, aber ein kleines Ego verdirbt nur alles, auch wenn es durch die gespreizten Finger guckt, Das darf es gerne tun, wenn der Text fertig ist, währenddessen nicht.

      1. Ach vieles von dem könnte im mir auch ins eigene Büchlein schreiben. Nur nicht, dass ich wüsste, wann der Text fertig ist. Längst erledigt gelaubtes springt wieder auf, sobald der Leser ein Gefühl zeigt. Derzeit heißt mein Motto: „Größenwürmchen schreibt wieder eine Vier oder mäßige Fortschritte aus der Schule für den Selbstleser“. Deswegen geht es mir auch ganz bestimmt um das große Ego – vor allem, wenn es ganz verbohrt beginnt, seine komischen Seiten zu zeigen.
        Noch eins, auch an Hanna: Durch die Finger schauen könnte auch, null, eins und ouhps, das digitale Bloggen unter Pseudonym meinen, auch wenn von mir Interpretiertier (@lakritze) oben nur im Augenwinkel intendiert. Die Frage medienübergreifende Frage scheint mir jedoch: Welcher Wurm metaboliert zu welchem Falter?
        In jedem Falle Dank dir, liebe Mützenfalterin, seiest du nun Nacht- oder Tagschwärmerin, für die Gratwanderung am Tellerrand. Ich warte schon gespannt auf eine Art Nächtebuch von dir.
        Herzlichst Björg

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