Ein Wochenende in Berlin. Sehr ereignisreich. Nicht zuletzt weil die Berliner sind, wie die Berliner eben sind, vor allem aber wegen der Deutschen Bahn, die sich an diesem Wochenende wirklich übertroffen hat. Es fängt mit sich ständig verlängernden Verspätungen für den Zug auf der Hinreise an. Erst werde ich nervös, wie soll ich mit dieser Verspätung noch rechtzeitig zum Seminar kommen?, dann wird es mir egal. Es ist eben, wie es ist. Mit über einer Stunde Verspätung fährt der Zug endlich los. Die Bäume vor dem Fenster sind grün, die Felder werden mit Wasser gesprengt, Bilder ziehen vorbei. Breite Streifen von Mohn in den grünen Flächen. Statt bis zum Hauptbahnhof fährt der Zug nur bis Spandau. Personalmangel. Es geht nicht anders, sagt die Durchsage. Es gäbe aber in 5 Minuten einen Intercity, mit dem wir zum Hauptbahnhof kämen. Nach 10 Minuten auf dem Bahnsteig die Durchsage, dass dieser Intercity eine Stunde Verspätung hat. Mit einer Stimmung aus genervt sein, langsam wirklich sauer werden und Pragmatismus, steige ich schließlich in einen Regionalzug nach Gesundbrunnen, warte auf die U-Bahn zum Alex, wo ich dann endlich in die U5 umsteigen kann, und während ich warte, sitzt neben mir eine Braut im Brautkleid inklusive Schleier mit einem Koffer in der Hand. Berlin ist voller Geschichten.
Obwohl ich wirklich sehr häufig umsteigen muss, komme ich nur eine halbe Stunde zu spät beim Seminar an.
Als wir abends telefonieren, sagt M., dass es eigentlich nie passiert, dass beide Fahrten chaotisch sind. Schlafe hoffnungsvoll ein, genieße den nächsten Seminartag, und überlasse mich erst Abends dem Humor der deutschen Bahn. Der geht so:
Mein für die Rückfahrt gebuchter Zug wird nirgendwo angezeigt. Ich werde nervös und frage einen Mitarbeiter der deutschen Bahn. Keine Ahnung, sagt der, auf seiner App werde auch nicht angezeigt, was mit dem Zug sei. Ich suche die Information, warte, zunehmend nervöser werdend, schließlich habe ich die Gelegenheit einen Mitarbeiter in der Information zu fragen: Keine Ahnung, sagt er, da müssen Sie zur Information auf der anderen Ebene gehen. Es sind noch 8 Minuten bis der Zug planmäßig fährt, als ich mich in die ca. einen halben Kilometer lange Schlange vor der besagten Information einreihe. Ein Bahnmitarbeiter tritt vor die wartende Menge und erklärt: der besagte ICE ist bereits vor 50 Minuten abgefahren. Grund sind Reparaturarbeiten. Er empfiehlt uns den nächsten ICE zu nehmen, immerhin fährt der lediglich 90 Minuten später. Während dieser 90 Minuten lerne ich fremdenfeindliche Punks kennen, eine Großfamilie aus dem arabischen Raum, zwei türkischstämmige Jugendliche. Keine Ahnung, wie es kommt, dass alle Welt mich fragt, ob ihre Züge die richtigen sind, ob das Gleis stimmt usw. Langweilig ist es nicht. Und tatsächlich kommt der folgende ICE sogar überpünktlich, rollt aber erst zur regulären Abfahrtszeit unendlich langsam aus dem Bahnhof. La vida steht auf die Fassade eines Gründerzeithauses gesprüht. Der Himmel ist rosa mit grauen Flecken. Dem Schaffner tut es leid für uns, dass wir erst viel später als normalerweise ankommen werden, (auch dieser Zug wird während seiner Fahrt über eine Stunde Verspätung ansammeln) und dass die Sitzplätze längst nicht für alle von uns ausreichen. Statt wie ursprünglich vorgesehen um 22.20 h, komme ich um 1.15 h in Bielefeld an. Selten war ich so glücklich wieder zu Hause zu sein. Und in 3 Wochen muss ich wieder nach Berlin.
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