23. Juni

Die Ausreden sind vollständig. Dabei genügt dieser Gedanke, der längst eine Überzeugung ist; ich bin nicht gut genug. Was ist schreibe ist Mittelmaß, und davon gibt es längst genug. Die Zeit, in der ich Schlechtes schreibe, könnte ich ebenso gut (besser!) dazu verwenden, Gutes zu lesen. Vielleicht gelingt es mir, mich darauf zu beschränken, eine annehmbare Kritikerin zu sein und in diesem Bereich Stück für Stück immer besser zu werden.

Die haushaltspolitischen Anforderungen sorgen immer wieder dafür, dass ich den Faden verliere, so sorgen sie für mich. Und ich? Ich schweige auch dazu und verhalte mich nicht.

Höchstens das „ver“ entspricht meiner Haltung (Vermeidung, Verdrängung…).

Ich lege die Gedanken nieder, bevor sie mich fassen können und schreibe dann mit leeren Phrasen von einer „erhabenen Unfassbarkeit“.

Ich möchte einfache, treffende Beschreibungen. Und vermutlich stimmt es nicht einmal, wenn ich sage, ich habe keine Geduld.

Die Tage umwickeln mich und ich ziehe die Fäden zu fest, um mich bewegen zu können. Also muss ich warten, bis einer der Fäden reißt. Vorher ist es nicht möglich, etwas Neues zu weben. Aber auch nicht nötig.

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23 Gedanken zu “23. Juni

  1. etwas komisch hier den gefällt mir Button zu drücken. Mir gefällt die „Draufsicht“.
    Die Bewertungen des eigenen Schaffens reultieren oft nicht aus unseren eigenen Gedanken, sondern viel zu oft den Gedanken des Kindes in uns.
    Ich habe mir angewöhnt mich nicht mehr so oft zu bewerten und schon laufen die Dinge flüssiger. Wenn ich in den Fluss springe und im Moment des Eintauchens überlege ob ich den ein guter Schwimmer bin oder nicht, kommt Hektik/Panik/ Angst auf. Ich kann mich aber auch einfach treiben lassen ohne große Bewegungen und schauen was kommt.
    Viele Bilder, die ich knipse entstehen ohne große Gedanken, große Willensanstregung, vorherige Bewertungen, es ein, mein großer Spaß.

    1. Im Moment des Tuns, da gebe ich Dir einschränkungslos Recht, ist es nicht gut, zu bewerten. Da ist es gut zu spielen, und sich und dem, was man da tut, zu vertrauen. Dann aber, denke ich, ist es nicht nur legitim, sondern notwendig, das Ergebnis kritisch anzugucken, sonst könnte gar keine Entwicklung stattfinden und die will ich. So schön das Schwimmen auch ist, ich möchte eine bessere Schwimmerin werden.

      1. „sonst könnte gar keine Entwicklung stattfinden und die will ich. “
        Ich denke Entwicklung findet immer statt, gerade im Loslassen, im Nichtstun. Sich treiben lassen bedeutet für mich sich zu Vertrauen, auch Vertrauen in die eigene Entwicklung.
        Ab wann bist du denn eine bessere Schwimmerin? Was ist danach das Ziel?
        Ich möchte im Fluss treiben und immer wieder neue Ufer entdecken, so lange ich nicht untergehe, schwimme ich:-) und entdecke Neues.
        Für mich ist es Lernen und Entwicklung.
        „das Ergebnis kritisch anzugucken“
        Warum nicht einfach das eigene Ergebnis ersteinmal wertfrei anschauen, warum gleich kritisch. Gehe ich von Anfang an in eine kritische Betrachtung, so habe ich ohne zu schauen schon einen Bewertungsstandart gesetzt, den der Selbstkritik.
        Ob die Selbstkritik uns lernt zu schwimmen lass ich mal offen…

      2. Mit dem Wasser mag das angehen, sich treiben lassen, loslassen, mit den Worten ist es meiner Meinung nach anders. Zuerst muss man sich treiben lassen, sich den Worten überlassen, aber dann muss ich wissen, wohin ich will, was ich aussagen kann, und da bis an die Grenzen gehen, immer neue Wege ausprobieren, sonst schreibe ich immer wieder den selben Text, sonst bleibe ich in den Grenzen, die nicht die Sprache sondern nur mein mangelnder Mut darüber hinaus zu gehen, mir setzt.
        Ob man durch die Verweigerung jeglicher Bewertung schwimmen lernt, wage ich ebenso zu bezweifeln, vermutlich ist es hier, wie überall, eine Frage der Balance.

    2. Ja, die Balance sollte stimmen:-) Wenn die Worte in meinem Kopf rumpurzeln ist es wichtig für mich sie einmal zum Schweigen zu bekommen. Ich versuche es durch Meditation, danach stelle ich eine wiedergefundene Ordnung fest. So in etwa sehe ich das „Treiben im Fluss“, dann geht es ans Ufer zum Entdecken. In jedem Fall einmal Danke für den anregenden Beitrag, wie schon so oft!

  2. «[ … ] ich ziehe die Fäden zu fest, um mich bewegen zu können. Also muss ich warten, bis einer der Fäden reißt. Vorher ist es nicht möglich, etwas Neues zu weben. Aber auch nicht nötig.»

    Wirklich warten, bis einer zerreißt? Warten, bis der Mut zum Fadenzerreißen groß genug ist? Warten, bis die Enge die Verzweiflung dazu bringt, einen Faden zu zerreißen? Verstecken hinter leeren Phrasen, um die Verstörtheit nicht zeigen zu müssen?

    Geh nicht in die Verwechslungsfalle: Selbsabwertung ist nicht Selbstbewertung, auch wenn erstere oft aus der Selbstbetrachtung kommt und in Selbstmitleid versinkt …

    1. Danke für Deine Überlegungen, Emil.
      Natürlich ist einiges vermutlich etwas überspitzt dargestellt, aber im Grunde genommen sehe ich es wirklich so, man spinnt sich ein in irgendwelche zur Gewohnheit gewordenen Muster und merkt lange nicht, wie sehr man sich selbst beengt, Angst und Bequemlichkeit lassen einen selbst die Fäden immer enger ziehen und im Grunde genommen, ist es eine große Erleichterung, wenn dann der Faden reisst und endlich etwas Neues beginnen kann.
      Ich werte mich nicht ab, ich versuche nur mir kritisch anzugucken, was ich mache und wo meine Grenzen sind, damit ich versuchen kann, über diese Grenzen hinauszugehen, oder aber mich mit ihnen abzufinden.

    1. Er ist schon ganz brüchig, der Faden, ich habe nur noch Angst, vor dem letzten Schritt. Aber letztendlich wird er sich von selbst ergeben, wenn ich irgendwann den Mut finde, loszulassen.

  3. Du bist kein Mittelmaß. Du belügst dich selbst, weil du eine Erklärung brauchst, und da passt die gerade, weil die Resultate, die du dir erhoffst und die nicht kommen, dich müde machen und du dir dann so die Pause gönnen kannst von deinen eigenen Anforderungen. Du enttäuschst dich quasi selbst, damit du dich enthalten kannst. Mach‘ Pause, erkläre dir das auch als solche, aber rede dir nicht ein, du seist Mittelmaß. Du bist kein Mittelmaß. Das weiß ich, so wie ich weiß, dass gerade Hunger habe.

    1. Mittelmaß ist natürlich immer eine Definitionssache, hängt davon ab, wie ich die Maßstäbe setze. Wenn ich die Duras und die Aichinger ganz oben hinstelle, kann ich wohl nichts anderes als Mittelmaß sein.
      Ich glaube, darum geht es auch gar nicht so sehr, ich kann damit leben, dass ich etwas so Bedeutendes nicht schaffen werde, aber ich muss merken, dass es eine Entwicklung gibt, wenn das nicht mehr drin ist, wenn alles ausgeschöpft ist, muss es neue Wege geben, sonst versumpfe ich in überflüssigem Geschreibe. Das will ich auf keinen Fall.
      Pause ist vermutlich eine sehr gute Empfehlung. Die ich nur leider ungeheuer schlecht befolgen kann. Hast Du eine Ahnung, wie schwer mir das fällt, einfach zu entspannen, nichts zu tun, die Dinge sein zu lassen. Darin jedenfalls bin ich kein Mittelmaß, sondern beeindruckend schlecht 😉
      Danke für Deine freundlichen Worte, dass Du an mich glaubst bedeutet mir etwas.

  4. LIebe Mützenfalterin,
    schade, dass Du nur diese beiden Alternativen jetzt siehst: „… über diese Grenzen hinauszugehen, oder aber mich mit ihnen abzufinden.“
    So, wie ich Dich bisher las, kann ich mir nicht gut vorstellen, dass Du Dich einfach mit einer Grenze (welcher auch immer) nur abfindest. Es gibt doch immer, in allen Bereichen dieses komplexen Lebens, Bewegung, Entwicklung, und selbst da, wo es mal stockt und sich wie Stillstand oder Rückentwicklung oder Krise anfühlt, passiert im Hintergrund ganz viel, das auch eine Entwicklung und Bewegung auf etwas zu ist.
    Die Grenzen setzen wir uns ja selbst, niemand sonst, vielleicht noch unser Talent, das bei Dir aber deutlichst vorhanden ist!! Und wenn Du Dir heute noch nicht vorstellen kannst, einmal Deinen Ansprüchen genügen zu können, muss das kein Gesetz sein.
    Vielen Dank für Deinen Beitrag, wieder einmal.
    mb

    1. Danke für deine Gedanken. Der Weg meines Schreibens hat sehr häufig diese Stillstände erlebt, die dann weiter führten, das meine ich auch mit dem letzten Satz, dass der Faden reissen muss, so oder so, dass heißt, entweder löst er sich auf, indem alles einfach wieder fließt, oder aber er reisst wirklich und etwas Neues wird beginnen. Ich denke ja nicht daran, zu schreiben aufzuhören, (das könnte ich gar nicht) ich merke nur, dass ich neue Wege suchen muss (und finden werde).
      Und was die Ansprüche angeht, ich war nie im Leben ehrgeizig, bis ich angefangen habe zu schreiben. Und beim Schreiben brauche ich diesen Ehrgeiz, da will ich, dass es immer so bleibt, dass meine Ansprüche immer höher sind, als das was ich leiste. Die Frage ist, ob ich das als Antrieb genießen kann, oder als Überforderung darunter leide.

  5. „ich merke nur, dass ich neue Wege suchen muss“
    Ich spreche hier nur für mich, aber mit dem „muss“ beginnt bei mir das Leiden, mit dem „könnte“ die Offenheit für Neues und somit Weiterentwicklung

    1. Ich kann das theoretisch verstehen, aber praktisch nicht nachvollziehen. Ich bin ein Mensch, der ohne Druck ewig auf der Stelle bleibt, auch wenn es ihm dort nicht besonders gut gefällt.

  6. Das habe ich gerade noch gefunden:
    Joseph Beuys:

    „How to be an Artist

    Lasse dich fallen. Lerne Schlangen zu beobachten.
    Pflanze unmögliche Gärten.
    Lade jemand Gefährlichen zum Tee ein.
    Mache kleine Zeichen, die <> sagen und
    Verteile sie überall in deinem Haus.
    Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
    Freue dich auf Träume. Weine bei Kinofilmen.
    Schaukel so hoch du kannst
    mit einer Schaukel bei Mondlicht.
    Pflege verschiedene Stimmungen.
    Verweigere dich <> zu sein.
    Tue es aus Liebe.
    Mache eine Menge Nickerchen.
    Gib weiter Geld aus. Mache es jetzt. Das Geld wird folgen.
    Glaube an Zauberei. Lache eine Menge.
    Bade im Mondlicht.
    Träume wilde, phantastische Träume.
    Zeichne auf die Wände. Lies jeden Tag.
    Stell dir vor, du wärst verzaubert. Kichere mit Kindern.
    Höre alten Leuten zu. Öffne dich. Tauche ein.

    Sei frei. Preise dich selbst.
    Lass die Angst fallen.
    Spiele mit allem.
    Unterhalte das Kinde in dir.
    Du bist unschuldig.
    Baue eine Burg aus Decken.
    Werde nass.
    Umarme Bäume.
    Schreibe Liebesbriefe.
    … und ich sage: Tanze so viel wie möglich.“

  7. mögen die Fäden reißen, und die Vergleiche zu Boden fallen. Wer sagt was wie ist? Ja, entwickeln will man sich, auf der Stelle treten macht schwer, aber Urteile auch-
    ich jedenfalls sehe kein Mittelmaß!

    liebgrüßt dich Frau Blau

  8. „Die Tage umwickeln mich und ich ziehe die Fäden zu fest, um mich bewegen zu können. Also muss ich warten“

    Kernsatz, ihn mit in den Tag zu nehmen. Warnende Erinnerung für mich. Kann mich auch so gut einspinnen. Kurz vor Gefängnis. Fühlen ist wichtig. Aber auch sehen. Und sich wehren.

    Kommentar, um zu schauen, ob ich die Anmeldungsmodalitäten von wordpress erfolgreich durchquert habe.

    Grüße
    Bess

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