Selbstlose Liebe

Die Zerissenheit. Von der schreibe auch ich häufig. Immer wieder bilde ich mir ein, sie nicht nur zu erleben, sondern fremdbestimmt zu erleiden. Weil die Dinge so sind und ich aber anders. Bis mir dann der wunderbare Satz von Wallace Stevens einfällt: Dinge, die wir sehen, sind Dinge, wie wir sie sehen.

Und eigentlich genügt das. Im Gründe müsste ich jetzt kein Wort mehr schreiben, aber ausgelöst hat die hier und jetzt formulierten Gedanken ein Artikel von SoSo über die Liebe. Über die (scheinbare) Unmöglichkeit selbstloser Liebe. Was wahr ist und gleichzeitig nicht wahr. Und ganz schwer zu beschreiben, weil die Liebe noch weniger als alle anderen Dinge, etwas ist, das feststeht, sondern immer das, was wir darin sehen, daraus machen. Subjektiv nennt SoSo das und Hingabe. Und weil ich das Wort Hingabe so mag, nehme ich es auf, aber nicht nur deshalb, sondern weil ich glaube, dass es ein Schlüssel sein kann, um zu verstehen, wie selbstlose Liebe funktioniert. Wie das geht und was das ist. Denn die Liebe zu einem Kind, da möchte ich SoSo entschieden widersprechen, ist selbstlos. Ich habe das selbst als Kind erfahren, und erfahre es noch als Tochter, und ich erlebe es selbst bei meinen eigenen Kindern, die naturgemäß schön, klug und reizend sind, die ich aber ebenso liebe, wenn sie einmal hässlich, garstig und unausstehlich sind. Ich liebe sie so, wie sie sind, und wirklich erfüllend ist das gerade dann, wenn ich nichts von ihnen erwarte. Wenn ich weder ihre Dankbarkeit, noch ihre Bedürftigkeit brauche, wenn ich mich einfach an ihrem Dasein freuen kann, wenn ich bei ihrem Anblick mein Selbst los werde. So wie ich mein Selbst los werde im Liebesakt, oder wenn ich völlig in meiner Arbeit aufgehe.

Alles andere ist Beziehungspflege. Oder Erziehung.