Grausamkeit

Natürlich ist es nicht so einfach. Es ist nicht so, dass jemand daher kommt und sagt: Fürchte dich nicht, du bist in Sicherheit, und auf einmal überkommt dich eine überwältigende Ruhe und Gelassenheit, so dass du plötzlich ruhig, besonnen, tiefgründig und sinnlich über all diese Dinge schreiben kannst. Über die Seiten an dir, die du verachtest, für die du dich schämst, die du dir auch Jahre später nicht vergeben kannst. Über deine Niedertracht und Feigheit, darüber wie du Wesen, die sich nicht wehren konnten, gequält hast. Über dieses Böse, das von Anfang an in dir gewesen ist. Dass du häufig erfolgreich niedergerungen hast, aber manchmal eben auch nicht. Wie du als Kind den Hund, den du dir so sehr gewünscht hast, malträtiert hast. Vielleicht, könnten manche sagen, nur deshalb, weil du es nicht besser gewusst hast, du warst ja noch ein Kind, und wusstest nicht, was du tust. Aber da waren die Schreie des Hundes, sein Jaulen, seine vor Schreck geweiteten Augen, und natürlich hast du spätestens in diesem Moment verstanden, was du tust. Aber aufgehört hast du nicht.

6 Gedanken zu “Grausamkeit

  1. ich kann mich nicht entsinnen, absichtlich ein Tier oder einen Menschen gequält zu haben. Würmer habe ich mal auf eine Angel aufgefädelt, das fand ich schlimm, während mir der Tod der Fische nicht viel ausmachte. Absichtliche Quälerei war es nicht. Es war hingenommene Quälerei.

  2. Selbst wenn wir etwas getan haben, dass definitiv nicht gut war und das wir damals schon als Handelnde oder danach auch als solches wahrgenommen haben, ist das Einzige, das hilft, damit das seither in uns wohnende Gefühl der Schuld und der damit einhergehende Zustand anders werden kann und das der damaligen Erfahrung doch noch ein wenig Sinn zu verleihen das: Uns verzeihen.
    Etwas daraus lernen und es niemals wiedermachen, ist eins. Aber das andere eben: Uns verzeihen.

    Ich übe das nun schon so lange und es ist noch immer so schwer.

    Und die Tatsache, dass wir alle solche schwarzen Flecken haben (auch wenn es in jedem Leben etwas ganz anderes war), hilft da auch nicht wirklich.

  3. ein sehr ehrlicher und offener text.
    und ja, leider komme ich mit den jahren immer mehr zu der erkenntnis, dass es eben in jedem menschen auch dunklere seiten gibt… es gilt, diese zu erkennen, denn dann kann man sie steuern…
    und dinge, die man als kind gemacht hat, die zähle ich immer zum lernprozess. es ist dieser forscherdrang, der im kind wohnt! und jedes kind geht zunächst mal unbefangen an die dinge heran.
    ich habe auch marienkäfer gefangen, zum beispiel, ohne unrechtbewusstsein.
    und ich habe als fünfjährige meiner besten freundin barbiezubehör gestohlen, mit unrechtbewusstsein, aber doch auch mit dem bewusstsein, dass es doch nur gerecht wäre. (weil sie so „tolle sachen“ hatte, und ich nicht.) es ist übrigens aufgeflogen, nur meiner freundin gegenüber, und ich habe mich in grund und boden geschämt. (natürlich hat sie ihre sachen zurückbekommen. sie hat mich nicht verraten und mir verziehen, sehr anständig, und ich habe mir inzwischen auch verziehen!)
    sehr nachdenklich stimmend, deine zeilen, danke.

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