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Der Mut, die gängigen Definitionen (die ja immer auch Grenzen sind), abzulehnen, in Frage zu stellen, ob sie passen, ob sie sich der eignen Wahrheit anpassen, oder nur dazu zwingen, sich dieser von ihnen behaupteten Wirklichkeit anzupassen. Dieser überwältigende (und gefährliche) Mut, nicht nur zu existieren, sondern so voll und ganz zu sein, dass man sich selbst verliert und auf diese Weise, jenseits eines behaupteten (angepassten) Ichs, zurückkehrt in die Schöpfung, aus der man als Teil hervorgebracht wurde.
Vereinigung als Aufgabe (Aufgabe in diesem doppeldeutigen Sinn als Herausforderung, zu erreichendes Ziel und der Bereitschaft, sich selbst aufzulösen, zurückzutreten, sich zu opfern und aufzugeben für etwas, das größer ist.).
Vielleicht ist es das, was Marguerite Porete, Simone Weil und Sappho auf unterschiedliche, (aber immer sehr radikale) Weise eint, die Erkenntnis, dass nichts dem Leben, dem Sein, der Verbindung mit Liebe, Frieden und Harmonie mehr entgegensteht, als das „Ich“, das „Selbst“.
Ihre Erkenntnis, dass wir an der Unmöglichkeit von uns abzusehen, leiden. Und uns, im Gegensatz zu ihnen, weigern, das zu begreifen. So dass wir gefangen bleiben, in immer neuen halbherzigen (falschmünzerischen) Kreationen, aus Angst vor der Dekreation, aus Angst vor der Einsicht, dass die Auslöschung Auferstehung ist.