Natürlich war es naiv zu glauben, nur weil eine Kritikerin eingeladen ist, müsste es automatisch um die Kunst des Kritisierens gehen, um Literaturkritik und darum welches Werkzeug man dafür benötigt. Stattdessen ging es bei dem gestrigen Gespräch zwischen Kai Kaufmann und Sandra Kegel um die nun doch abgesagte Buchmesse, um Bücher als Wirtschaftsfaktor, um Zahlen und Trends, kaum einmal um Literatur an sich. Kegel selbst bewegte sich zwischen Bewunderung (oh, da geht schon wieder ein Starautor vorbei. Und Autor steht hier in der männlichen Form, weil sie so gut wie keine schreibende Frau erwähnt hat) und Überheblichkeit (diese bekannte und ermüdende Überheblichkeit des gedruckten Feuilletons, das allein die Kapazität und Autorität hat, einzuordnen, was das Siegel Literatur verdient, und was nicht). Vielleicht lag es aber gar nicht wirklich an ihr, sondern an der Art der Fragen. Wie soll jemand vom Inneren des Schreibens reden können, der es nur von außen betrachtet, als Geschäft, von dem letztendlich das eigene Auskommen abhängt?

Ja, Sandra Kegel ist vielleicht mehr eine Funktionärin des Literaturbetriebs und nicht so sehr eine Anwältin der Literatur oder gar eine femme de lettres.
Ja, das trifft es sehr gut, Anwältin der Literatur, genau das hat mir vermutlich gefehlt.