Dualität

Koen Wessing , Nicaragua 1979
Koen Wessing , Nicaragua 1979

Lange schon liegt Roland Barthes auf dem Nachttisch, und immer wieder blättere ich darin und lasse mich mitnehmen von seinen Gedanken und Überlegungen. Dass dieses Buch überhaupt zu mir gefunden hat, oder besser gesagt, ich zu ihm, diesen Umstand verdanke ich Pagophila, deren Eintragungen zu „Die helle Kammer“ mich immer wieder fasziniert haben.

Barthes spricht in seinen Bemerkungen zur Photographie vom „Abenteuer“ des Fotos. Weil ich gerade erst über Fragen nachgedacht habe, und immer noch darüber nachdenke (nur nicht mehr ganz so ratlos, dank der vielen klugen Bemerkungen, die mir einige meiner Leser geschenkt haben), überlege ich, ob mich ein Foto vielleicht genau dann anspricht, wenn es mich dazu bringt, Fragen zu stellen, mich auf diese Art, also mit einer zielgerichteten Neugier, darauf einzulassen.

 

Aber worüber ich eigentlich schreiben wollte, ist der Begriff der „Dualität“, von der Barthes bei den Fotos von Koen Wessing spricht. Diese Dualität durchbricht laut Barthes die Gleichgültigkeit, das unbeteiligte Interesse an Bildern, die lediglich wahrgenommen werden, ohne den Betrachter wirklich zu berühren.

[Das Prinzip der Dualität spiegelt sich nicht zuletzt im Titel, den Barthes seinen Betrachtungen zur Photographie gegeben hat. Die helle Kammer, da ist das Licht angesprochen, das alles groß macht und dem Blick öffnet, dagegen die Kammer, die für einen geschützten Raum steht, aber auch für eine gewisse Beengung, Einschränkung)

 

Barthes schreibt: „Das punctum einer Photographie, das ist jenes Zufällige an ihr, das mich besticht (mich aber auch verwundet, trifft).“

Diese Verwundung ist es, die die Begrenztheit unserer Perspektive, unseres Lebens weitet, erhellt. Das klingt jetzt pathetisch und vielleicht auch noch etwas kryptisch, aber ich habe vor, an dieser Stelle weiterzumachen, weiterzudenken und zu schreiben.

 

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