
Monat: Juni 2013
Ulrike Draesner – Heimliche Helden
Ich habe sie tatsächlich mit ihren Essays entdeckt, obwohl sie auch sehr gute Lyrik schreibt und lesenswerte Romane, war es „Schöne Frauen lesen“, das mich zum Ulrike Draesner Fan gemacht hat. Und nun liegt das männliche Pendant vor: „Heimliche Helden“.
Der Leuchtturmwächter

Isla volante
Die Heimat stand ihm ins Gesicht geschrieben, so wie manch anderem seine Zukunft ins Gesicht geschrieben steht. Darum war er der beste Leuchtturmwächter, den die Insel jemals gehabt hatte. Kein Schiff ging verloren, kein Matrose verlor die Orientierung solange er den Leuchtturm bewohnte.
Fünf mal eins
Eine Berührung, die sich in die Vergangenheit richtet, um der Vergänglichkeit zu trotzen, stellt sich als aussichtslos heraus.
Absurd zukunftsarm.
Mithin gegenwartsuntauglich.
Mutterbilder

Das Mutterthema hat mich kürzlich eingeholt. Aus der Veröffentlichung meiner Gedanken zu Abramovic dritter These ihres Manifestes, hat sich eine sehr lebhafte Diskussion um das Mutterthema entsponnen. Künstlerinnen wie Annegret Soltau und Susanne Haun haben von ihren Entscheidungen Kinder und Kunst zu verbinden berichtet, es ging auch um die Frage, was für ein Bild der Mutter die Gesellschaft hat, wie sehr hat sich das geändert, betrachtet man Abramovic Generation und die heutiger Mütter?
Ist es wirklich vereinbarer geworden, Mutter zu sein, eine Familie zu gründen und gleichzeitig weiter berufstätig zu sein? Ist es ein Gewinn, dass es die Frage Beruf oder Kind nicht mehr gibt, sondern nur noch die, wie Beruf und Kind vereinbar sind? Vereinbar gemacht werden können? Und in den meisten Fällen müssen?
Ist Mutterschaft, die Möglicheit, das Erlebnis, Kinder zu bekommen ein heiliger Akt, wie Frau Blau in einem Kommentar schreibt, oder ist auch das eine Ideologie, um Frauen die Stricke, die sie binden, als etwas wertvolles erfahren zu lassen?
Sind nicht diese Fragen an sich allesamt sehr weit von der Idee einer gleichberechtigten Elternschaft entfernt? Und von wirklicher Wahlfreiheit?
Vier mal eins
Die Berührung ist dem Abbruch zum Opfer gefallen.
Der Fall wiederum, ist berechenbar.
Und endlich.
Also vergänglich.
Adolf Hölzel – Anbetung 1908
Wenn Adolf Hölzel über Bilder sprach, bezog er sich immer zuerst auf die Komposition. Auf diese Weise konnte er sehr unterschiedliche Ansätze vereinen. Während Adolf Hölzel als Wegbereiter der Moderne gilt und als einer der ersten Maler abstrakt malte, mag ein Bild wie Anbetung von 1908 verwundern. Denn schon 1905 entstand das erste abstrakte Werk Hölzels „Komposition in rot I“.
Und dann ein ikonenhaft, religiös behaftetes Bild wie Anbetung. Drei Frauen, ein Kind, vier Heiligenscheine.
Eine außergewöhnliche, harmonische Stimmung wolle er herstellen, die den Betrachter der Umwelt entrückt, sagt Hölzel über dieses Werk.

Bildquelle
Außer Hörweite

Wenn man wirklich tief in die Wahrheit eintaucht, hatte er gesagt, kommt man als ein anderer wieder heraus. Dann war er zur See gefahren. So war es immer. Er gab ihr einen Satz über den sie lange nachdenken konnte und verschwand. So waren es nicht seine Hände, an die sie sich erinnerte, nicht sein Körper, nur die Worte und seine Stimme. Und jetzt sah sie dieses Schiff, nicht weit vom Ufer, aber sie konnte es nur sehen, nicht hören, und darum drehte sie ab.
ich kannte mal einen
ich kannte mal einen. er fuhr motorrad. er sagte: richtig schön ist es nur mit dir. er meinte das motorradfahren. ich sagte: ruf mich an. aber er rief mich nicht an. irgendwann traf ich ihn. seine augen leuchteten. sein mund hüpfte aufgeregt um seine finger. er war ganz außer sich vor freude, weil er mich wiedersah. warum hast du nicht angerufen? fragte ich. und er sagte: das telefon verändert die seele des menschen, so wie ein rock die beine einer frau.