Es gibt diese Lakonie der Endlichkeit gegenüber, dem Alter, dem Tod, der Unumkehrbarkeit dieses Weges, der sich unweigerlich mit Verlusten füllt, die Melancholie, die schmerzhaft schön, oder pathetisch süß daherkommt.
Aber wie beschreibt man Scham? Wie kann man Worte finden für die Dinge, für die man sich dermaßen schämt, dass man sie am liebsten verdrängt, immer tiefer, immer weiter?
manchmal schäme ich mich, am leben zu sein, weil die welt so ganz anders ist. dann gehe ich in den wald und sehe die welt, wie sie ist. oder ich schaue in den sternenhimmel – und verliere alle scham.
es sind die menschen, es sind die kulturen der menschen, die uns ständig bedrängen, und denen wir uns geistig gewachsen fühlen müssen.
der natur selbst muss ich nichts erklären.
„Einfache Sätze über die Scham gibt es kaum. Sie bleibt undurchsichtig, solange man sie nicht analysiert. Und sobald man das tut, verändert sie sich.“
Augelesen im empfehlenswerten Band „Ich schäme mich. Ein Selbstversuch“ von Maximilian Dorner. Der Autor, 1973 geboren, lebt mit Multipler Sklerose.
vielleicht gibt es unterschiedliche Arten von Scham. Sicher sogar. Die Scham über eine Krankheit, darüber nicht „zu funktionieren“, die Scham, die den eigenen Körper betrifft, ist sicher noch einmal eine andere als die gegenüber Schuld, die man auf sich geladen hat. Oder vielleicht auch nicht? Eben habe ich im etymologischen Wörterbuch nachgesehen, selbst die Herkunft des Wortes ist unklar.
Aber auf jeden Fall vielen Dank für den Buchtipp.
Ich lese gerade ein wirklich spannendes Buch von Peter A Levine.
„Sprache ohne Worte“ er beschreibt die Scham als Teilauswirkung eines Traumas.
Überzeugt mich nicht, wenn jemand eine Sprache ohne Worte mit Worten beschreibt.
Hast du es gelesen ( ist keine Konterfrage )? In dem Buch geht es um die Verarbeitung von Traumatas. Der Titel bezieht sich auf die körperlichen Reaktionen nach einem Unfall/traumatischen Ereignis. allerdings würde es an dieser Stelle den Rahmen sprengen es weiter zu beschreiben.
Nein, ich habe es nicht gelesen. Und ehrlich gesagt, habe ich große Vorurteile gegenüber amerikanischen Esoterikern. Das ist nichts, was mich wirklich interessiert. Möglicherweise ist das ein Fehler. Aber keiner für den ich mich schäme 😉
Ich bin mir jetzt nicht sicher, was du unter Esoteriker verstehst, aber soviel ich weiß ist Peter A. Levine Wissenschaftler, Auszug aus seiner Vita:
Dr. Peter Levine promovierte in medizinischer Biophysik und in Psychologie. Er war Berater für die NASA während der Entwicklung des Space Shuttles, und hat an zahlreichen Kliniken und Schmerz-Centern in den Vereinigten Staaten und Europa gelehrt.
Ich bin mir nicht sicher ab wann man eine Esoteriker ist, in Deutschland ja fast ein Schimpfwort:-)?
Aber mir ging es ja auch nicht um Levine, sondern seinen Ansatz und den fand ich sehr spannend, im speziellen zum Thema Scham.
Schäme ich mich jetzt dafür? iwo!.-)
Ja gut, da war ich vielleicht ein bisschen voreilig. Was für ein Ansatz ist das denn? Kannst du das mal kurz und verständlich zusammenfassen?
Scham kann eine mögliche Auswirkung eines Traumatas sein, ausgelöst durch Unfall, Scheidung, Verbrechen…
Hier ein zusammenfassender Link:
http://www.praxis-info.ch/joyce-m-schmid/trauma.htm
Somit ist Scham nicht unebdingt durch uns steuerbar, jetzt aber jeden Menschen der Scham empfindet ein Traumata zu unterstellen ist natürlich falsch. Ich fand den Aspekt nur interessant und genau an dem Tag als ich es im Kapitel gelesen habe, hast du dein Posting veröffentlicht.
wu wei:-)
Gegen Scham habe ich ein Mittel, das bei mir funktioniert: Aussprechen oder Schreiben … Gibt ja Blogs, die nur mit Paßwort funktionieren, oder solche, die man niemandem als die seinigen offenbart …
Ja, das hat Karin ja auch schon zitiert, wenn man sich der Scham annimmt, sie annimmt, verändert sie sich. Ein bisschen wenigstens. Ich meinte auch eher das Gefühl selbst, nicht die Ursache für die Scham, sondern das Phämomen des sich Schämens.
ob es dafür worte gibt? vielleicht nicht. aber wege, sich mit der scham auseinanderzusetzen, sie zu entblössen, zu beschreiben, zu benennen.
wie es schon emil vor mir sagt. hm.
ich glaube, die scham will, dass wir keine worte für sie finden. dann kann sie ihre macht ausüben. mit worten nehmen wir ihr die macht weg.
Ja, da ist sicher etwas dran, die Scham will, dass man schweigt, verdrängt, sich nicht auseinander setzt und vor allem; sich nicht mitteilt.
Die Scham entblößen, das gefällt mir.
Scham ist ein besonderes Wort. Ein äußerst persönlicher Zustand. Ein menschlicher. Der gerne im Verborgenen bleibt, und da fühlt er sich auch zugehörig. Vielleicht ein letzter Versuch, sich vor Zugriffen anderer zu retten, weil so innerlich. Vielleicht, möglicherweise.
Scham als letzte Rückzugsstätte in die Intimität, das ist ein sehr interessanter Aspekt, für den ich mich bedanke, weil ich es so noch nie gesehen habe.
Man beschneidet die Scham, man beschreibt sie nicht.
Man beschneidet die Scham indem man sie beschreibt, andernfalls beschneidet die Scham uns.
Zustimmung und Widerspruch. Es kommt wohl auf die Art der Beschreibung an; zum Beispiel die reuevolle gießt die Scham und sonnt sich gleichzeitig in ihr.
Kann man Scham genießen und sich in ihr sonnen? Ist es dann noch Scham?
Genuss und Leid liegen dicht beisammen.
Auch das kann uns die Scham zeigen. Sie kann jedoch auch gedeihen und uns zugrunde richten, wenn wir sie gießen. Die Flucht nach vorn [durchs beschreiben] ist nützlich, solange sie auf ein verstehendes Ohr trifft. In eine Welt hinein beschrieben, die es verdammt, bleibt dir nur das Schweigen. Scham und Schweigen-Scham und Schreiben, es kommt immer darauf an in welcher Welt wir leben. Es ist eine schwierige Sache mit der Scham und der Scham vor der Scham.
Wenn man sich für etwas so sehr schämt, dass man’s am liebsten verdrängen möchte, so möchte man doch dafür gar keine Worte finden? Scham greift somit vielleicht die eigne Analyse, die eigne Sprache an.
Meiner Erfahrung nach sind die Worte ja da, nur nicht der Mut sie auszusprechen, das ist Scham für mich, dass da etwas ist, das ich nicht wage auszusprechen, nicht einmal vor mir selbst.
Muss man denn für die Scham (andere) Worte finden? Es sagt allein schon soviel aus und jeder verbindet damit eigene Erlebnisse und Empfindungen. Vielleicht müssen wir uns gar nicht um Umschreibungen bemühen?
Scham hat für mich auch immer etwas mit der Wahrnehmung der eigenen Verwundbarkeit zu tun. Die Scham bei Traumatisierten hängt zudem noch sehr eng mit Ekel zusammen. Vielleicht ist Scham ja die kleine Schwester von Ekel.
das wort regt mich an
scharmante sacharmhäärchen
oder rote backen
der erziehungsmaterie
oder schämt sich der hund..hihi