er war einer von denen
die ihr sinnen und trachten
ganz offen in der westentasche tragen
hämisch unter dem pullunder versteckt
so einer der in eine bar geht
um sich das gesicht der verkäuferin vorzustellen
die ihm das morgenbrötchen verkauft
es war so ein abend
an dem die ganze welt
auf einen bierdeckel passte
und keiner bezahlen konnte
was er am leib trug
seine augen lachten wie schmutzige gedanken
aber sie rochen nach holunderbeerwein
ich wusste wenn ich jetzt aus dem fenster springe
springt er mir hinterher
ohne dass wir jemals ein wort gewechselt haben
begreifen wir unsere hände
und fliegen davon
aber er stellte sein glas auf den tresen
und sprach mich an
So wunderbar lakonisch wie eine Szene aus einem Humphrey-Bogart-Film. Echtes Kopfkino. Gefällt mir!
Lediglich der (scheinbare? gewollte?) Widerspruch in „ganz offen in der westentasche tragen/ hämisch unter dem pullunder versteckt“ und die nach Holunderbeerwein riechenden Augen irritiern mich ein wenig. (Aber das darf man mir ruhig zumuten. ;-))
Liebe Grüße, Iris
dieser in sich versteckte widerspruch irritiert nicht nur mit dem geruch nach holunderbeerwein 😉
Wirklich gute Gedichte schreibt Uwe Kolbe, der den Lyrik Preis Meran gewonnen hat. http://www.fixpoetry.com/feuilleton/interviews_essays/1414.html
Meine Kapazität reicht aus, um sowohl Kolbe als auch Dich zu lesen und von beiden zu profitieren, ohne zu vergleichen oder auf einer Werteskala einzuordnen. (Jedenfalls bemühe ich mich darum. :-))
Zur Relevanz hat Antje Schrupp gestern so einen schönen Artikel geschrieben: http://antjeschrupp.com/2012/05/05/dekoration-und-reichweite-oder-auch-was-ist-relevanz/
Das ist lieb von Dir! Ich freue mich auch darüber, trotzdem habe ich das (wie ich glaube berechtigte!) Gefühl, qualitativ in einer ganz anderen Klasse zu spielen, als Kolbe. Aber bitte nicht falsch verstehen: das macht mich nicht klein, sondern spornt mich an. Ich mag (und brauche!) es, Vorbilder zu haben!
Danke für den Link.
Ein schöner Film. Hmm, ich liebe deine Texte. Und nach Holunerwein riechende Augen, haben für mich etwas absolut Stimmiges
Freut mich, Karin, dass Du Dich darauf einlassen kannst, und ich freue mich sehr, wenn Du es genießen kannst.
du malst bilder mit worten – wunderbar. diese stimmung! was kann ich da sagen? einfach genial!
Danke liebe D., ich mag das Gedicht inzwischen auch wieder. 😉
Hm, Weste, Pullunder? Beides zugleich?
wo ist das Problem?
Dass ich mir keinen Reim drauf machen kann, warum beides erwähnt oder getragen wird (was nicht heißen soll, dass es keinen gibt). Entweder ist es eine Metapher oder deutet etwas an (Weste und Pullunder sind m.E. ungewöhnlich) — ich komme aber nicht dahinter.
Na ja, dieser er ist ja gerade das nicht. ungewöhnlich. vielleicht entsteht schon daraus ein reim? ich weiß es nicht. ich lese aber auch ganz anders als du, das ist mir in der kurzen zeit, die wir einander kommentieren schon aufgefallen. ich selbst stehe ganz gerne vor einem gedicht (oder bild), ohne dahinter zu kommen.
Dahinter kommen: Es stört mich nicht, wenn etwas Unauflösbares bleibt, ganz im Gegenteil, aber – ich bitte das nicht misszuverstehen -, ich muss ja (für mich) entscheiden können, ob sich jemand etwas dabei gedacht hat, mit Absicht (unbewusst „richtig“) schrieb, oder ihm ein Fehler unterlaufen ist, ein schiefes Bild oder was auch immer. Ich möchte eine stimmige Unauflösbarkeit und eine unstimmige unterscheiden. Oder noch einmal anders: Könnte ich das nicht, käme ich in Verlegenheit jeden zufällig arrangierten Text als Gedicht ansehen zu müssen.
jetzt bin ich auf sie gespannt
du hast doch fantasie 😉
der das diese vermeintliche gabe der dessen was betet
was soll ich sagen
es ist gekupfert
wenn nicht ordentlich daneben
!“die welt in einen deckel passt -das war einfach zu schwul
falss mich einer fragt
es hätte heissen müssen
leck mich am zeh oder so..hihi
da stehe ich plötzlich in einer kneipe und sehe dem schauspiel zu… danke dir
Meine absolute Lieblingsstelle: „seine augen lachten wie schmutzige gedanken“
Da kann ich mich nur anschließen, denn das wollte ich auch gerade schreiben…
Sehr schön!
achja ^^
das ist das schöne an gedichten: so viel platz für einen selbst! dieses gedicht ist wirklich sehr sehr schön. meine schönste stelle: „ich wusste wenn ich jetzt aus dem fenster springe – springt er mir hinterher“ erinnert mich an den film „alle anderen“
muss ein guter film sein. ich kenne ihn leider nicht. aber das lässt sich ja ändern.
vielen dank an euch alle für die positiven rückmeldungen. ich habe mich sehr gefreut.